Donnerstag, 22. Januar 2009

Jade

Ich muss hier von etwas erzählen, was mich seit gestern Mittag nicht mehr los lässt, mich fesselt, fasziniert, im Bann hält. Ich möchte von Jade erzählen.

Es ist überhaupt nicht so, dass ich den Schmuckstein gestern zum ersten Mal angetroffen habe. Im Gegenteil. Ich erinnere mich, dass wir zuhause eine Jadekugel haben, die ich früher immer mal wieder in den Händen hin und her gerollt habe. Vor ein paar Jahren hat mein Bruder mir zudem aus Neuseeland einen schönen, moosgrünen Jadeanhänger an einem schwarzen Lederband mitgebracht; diesen stilisierten Maori-Fischerhaken habe ich oft und gerne getragen, bis irgendwann das Lederhalsband gerissen ist und der Anhänger in Folge dessen in seinem Schächtelchen blieb.

Dann kam die Sinologie. Heute nun weiss ich, dass man mit dem Eintauchen in die chinesische Welt eigentlich auch, meist wohl ohne es zu merken, in die Welt, in den Kulturkreis der Jade eintaucht. Ein einfaches Beispiel für den grossen Stellenwert, der man der Jade hier seit jeher einräumt, sind die vielen unexpliziten Verweise darauf, etwa in der Schrift, wo das „Jade-Radikal“ nicht wegzudenken ist. Befasst man sich mit dem Chinesischen, trifft man die Jade immer und überall an.

In China habe ich damals ganz obligat ein paar kleine Jadeanhänger für ans Handy und ein einfaches Halsband gekauft. Ich weiss noch genau, wie ich damals in Xi'an per Zufall auf eine kleine Werkstatt gestossen bin in einem Gässchen, welches von der Hauptstrasse weg in ein verwinkeltes Geäst und Geflecht von Strässchen geführt hat. Ich habe mir damals mein Halsbändchen nach Wunsch anfertigen lassen und mich dabei lange mit der Besitzerin unterhalten. Bevor ich den Laden verliess, hat mir die Besitzerin ein klitzekleines Jaderinglein mitgegeben, als Geschenk. Ich habe es an Ort und Stelle, vor ihren Augen, an mein Silberkettchen gehängt, welches ich gerade um den Hals trug. Darüber hat sich die Frau so sehr gefreut, dass es noch heute an diesem Kettchen hängt.

Trotz all dem habe ich der Jade als solcher doch nie bewusst eine grosse Bedeutung beigemessen.

Nun ging ich also gestern an dieser Schaufensterfront entlang, hatte eigentlich etwas ganz anderes im Sinn und blieb dann doch kurz stehen, um einen Blick auf die Auslage zu werfen. Wie ich gerade den Jadeschmuck betrachtete, kam die junge Verkäuferin zur Tür und fragte mich, ob ich mich im Laden umschauen wolle. Sofort erriet sie meinen Studentinnen-Blick und ereiferte sich, ich könne einfach so hereinkommen, sie würde mich herumführen und mir alles zeigen wenn ich wolle. Aus ihrem Gesicht sprach ein Wir-haben-gerade-keine-Kundschaft-und-der-Chef-ist-heute-nicht-da-Blick, und natürlich wollte ich! Es ist schlicht unbeschreiblich, was für Schätze sich da vor meinen Augen offenbarten! Schmuckstücke in schönster und wertvollster Jade, Jade in allen Grün- bis hin zu feinen Weisstönen. Sie hat mir hellweisse Jadearmreifen mit speziell schönem, grünem „Blumenmuster“ gezeigt (Diese Jadeblumen gleichen ein wenig dem Muster jener Blumen, die sich ergeben, wenn man ein Ei in eine heisse Suppe schlägt, nur dass sie zarter sind).

Dann hat sie mir erklärt, dass im Westen vor allem die gleichmässig grüne Jade geschätzt würde, während man hier Jade in einem hellen, weissen Grundton mit grüner oder goldgelblicher Marmorierung und mit rosa oder violettem Unterton für besonders kostbar, elegant und feminin halte. Sie hat mich herumgeführt, das eine oder andere Stück kommentiert und mir immer wieder ein besonders schönes Schmuckstück in die Hand gegeben. Was gibt es da noch zu sagen?! Wenn man den Stein in einer solch erlesenen, exquisiten Edelsteinqualität einmal am Handgelenk getragen hat, seine angenehme Kühle an der Wange gespürt, die kostbare Schwere und Massivheit des Steins gefühlt und seine verblüffend klare, durchscheinende Beschaffenheit bewundert hat, dann ist etwas geschehen mit einem! Dann weiss man plötzlich intuitiv, weshalb die Chinesen diesem Stein schon seit tausenden von Jahren so grosse Bedeutung beigemessen haben in vielen Bereichen und warum er heute noch so beliebt ist. Man meint sogar verstehen zu können, warum die Schanghaier Oberschicht in den 20er Jahren geglaubt hat, dass das Opiumrauchen, wird die Pfeife mit einem wertvollen Jademundstück bestückt, dem Verbraucher ein langes Leben gewähre. Überhaupt ergeben viele Dinge, die man zuvor einfach nur zur Kenntnis genommen hatte, plötzlich einen Sinn.

Ich habe das Gefühl, dieser Kultur gestern wieder ein Stück näher gekommen zu sein, dank dieser Verkäuferin, die mich herumgeführt -oder soll ich sagen, verführt?- hat, die mir dies alles nähergebracht hat. Wie auch immer, jedenfalls habe ich es gerne mit mir geschehen lassen.

Zwar bin ich äusserlich völlig unverändert und mit „leeren Händen“ wieder aus dem Geschäft gegangen, und doch fühle ich mich, als gäbe es ein Vorher/Nachher, als hätte mich dieses Erlebnis doch verändert.

Freitag, 2. Januar 2009

Silvester-Klänge

Silvester 2008-2009:

Silvester haben wir bei... mit... ganz taiwanesisch halt gefeiert, Hauptsache viele Leute, kennt man jemanden, kennt man viele, so gehört man schon fast zur Verwandtschaft. Wir haben schön traditionell "Feuertopf" gegessen (entspricht etwa unserem Fleischfondue plus aller Arten von Gemüsen, Pilzen, Nudeln, Fischerzeugnissen, Teigtäschchen, Tofu etc.), ich war die einzige "äusserlich 100%ige" Westlerin unter all den Leuten. :-)


Immer wieder musikalische Gesangs-und Gitarreneinlage






Hier könnt ihr euch anhören, wie es bei uns an Silvester geklungen hat ;-)



Hier auf dem Dach des Gebäudes haben wir das 101-Feuerwerk angeschaut, wir hatten eine supertolle Sicht auf die Stadt, auf die Menschenmassen und natürlich auf die Hauptattraktion, den Taipei 101, das Feuerwerk!






Das ist dann vor dem Dorm, irgendwann kurz vor Morgengrauen... War ein toller Silvester!
Happy" 牛" Year!




Die besten Neujahrsgrüsse für 2009!

Das obige Schriftzeichen 牛 wird niu ausgesprochen, ist eines der 12 Tierkreiszeichen aus dem Chinesischen Zodiak und wird als Rind, Ochse oder auch Büffel übersetzt. Richtig erraten, 2009 steht im Zeichen des Ochsen. Nach dem Mondkalender befinden wir uns zwar noch immer im Jahr der Ratte, Neujahr ist erst Ende Januar. Trotzdem, 2009 ist das Büffeljahr, und weil die Aussprache so schön mit dem englischen "new" zusammenfällt, wünsche ich nun alllen Happy 牛 Year!

Sonntag, 28. Dezember 2008

Weihnachten in Taipei

Es ist ein sonniger Sonntag Morgen hier in Taipei. Weil ich sowieso gerade in meinem Zimmer sitze und am Schreiben bin, wieder einmal einen Eintrag für diesen Blog.
Wenn ich gesagt habe, dass heute ein „sonniger Sonntag Morgen in Taipei“ sei, heisst das nun nicht, dass es ruhig ist in meinem Zimmer. Ich höre den Lärm von der Strasse, am Nebengebäude wird noch immer gebaut und gesägt; gerade eben läutet die Uniglocke, eine leicht veränderte Form des Westminster Glockenschlags. Aber all diese Dinge nehme ich nur noch wahr, wenn ich bewusst hinhöre. Man kann sich an so vieles gewöhnen in einer erstaunlich kurzen Zeit! Mehr noch, knappe vier Monate reichen sogar aus, um gar nicht mehr genau zu wissen, woran man sich eigentlich alles gewöhnen musste, als man angekommen war, da man diese Dinge entweder gar nicht mehr wahrnimmt, oder weil sie ganz selbstverständlich geworden sind.

Aber ich wollte von meiner Weihnachtswoche erzählen: Zum Auftakt haben wir am Montag Abend zu fünft ein Konzert besucht. Das grosse Blasorchester der Universität hat in einem modernen Konzerthaus mitten in der Stadt ihr Konzert gegeben. Nebst bekannten Kompositionen (von Alfred Reed etc.) wurde das Stück eines Taida-Studenten, den ich hier kennen gelernt habe, an jenem Abend uraufgeführt.

Am Dienstag Abend waren wir mit unserer Taiji-Gruppe essen, am Mittwoch Abend feierten wir dann Heiligabend in Taipei.

Es war ein wunderbarer, fröhlicher Heiligabend! Zu acht gingen wir ins sogenannt beste Thailändische Restaurant der Stadt. Wir hatten grosses Glück mit der Tischreservation, jemand hatte abgesagt, so dass wir zur perfekten Essenszeit hingehen konnten. Das Essen war, wow, einfach klasse, die Stimmung war ebenfalls grossartig.
Nach dem Essen gingen wir hinaus in die Strassen der wunderbaren Stadt, gingen wieder einmal den Taipei 101 grüssen. Es war mild, um die 20°C, trocken, eine wunderbar laue Nacht, überall Lichter, teils sogar weihnachtlich geschmückt. Viele, viele Menschen waren unterwegs, trugen ihre schönen Kleider und Accessoires zur Schau, fotografierten, genossen die schöne Stadt, wir mit ihnen. Der Stadtteil war richtig belebt, für eine Weile taten wir das, was die Taipeier tun, 看熱鬧, wir gingen dorthin, wo die Menschenmassen sind.
Später setzten wir uns mit Getränken in das Pärklein bei einer Bar, so konnten wir die Live-Jazzmusik bestens hören, uns aber dennoch gut unterhalten. Das mag nun sonderbar klingen, aber der Abend war für mich durchaus „weihnachtlich“, denn ich konnte ihn mit den Leuten, die mir hier am liebsten sind, verbringen, es war ein glücklicher Abend, ein Abend voller Freude und Wärme. Und an jenem Abend habe ich mich von neuem in die Stadt verliebt.


Auch der Weihnachtstag war toll. Zwar hatten wir Unterricht, doch da wir nur vier Studenten waren und da ja Weihnachten war, lud uns unsere Lehrerin in der zweiten Lektion auf eine schöne Tasse Kaffee (sie selbst hat Tee getrunken ;-)) ein, und es kam tatsächlich eine weihnachtliche Stimmung auf.
Den Abend haben wir im Kreis der Taida-Studenten, die alle schon einmal in Deutschland studiert haben, verbracht; wir waren bei einer der Studentinnen zu Hause und haben dort gekocht.
An jenem Abend wurde mir wieder einmal bewusst, wie klein die grosse Welt doch eigentlich ist, oder eben, wie viele „mutual friends“ man doch hat als Sinolgiestudentin.

Mit der gestrigen Weihnachtsfeier für uns Austauschstudenten gingen meine Weihnachten dann offiziell zu Ende.

Es waren glückliche Weihnachtstage, anders als alle, die ich bis dahin erlebt hatte, aber nicht minder wertvolle. Vielleicht erscheinen mir die vergangenen Weihnachtstage gerade deswegen, wegen ihrer Andersartigkeit, wegen ihrer exotischen Komponente so wertvoll; oder eben weil es uns gelungen ist, in einer Nichtweihnachtlichen Umgebung das Weihnachtliche zu finden und gemeinsam zu erleben.

Sonntag, 30. November 2008

Frühlingshafte Wintergrüsse

Es ist Winter geworden hier in Taipei. Bisher zwar kaum kälter als 10 Grad, aber drinnen kann es bisweilen ziemlich kühl werden. Abends nach Sonnenuntergang spürt man deutlich, wie die nächtliche Kälte allmählich ins Zimmer kriecht und sich dort ausbreitet; morgens wacht man mit einer kalten Nasenspitze auf und braucht zusätzlich zwei Minuten, bis man sich in Vorfreude auf die warme Dusche, die einen erwartet, dazu überwunden hat, aus dem Bett zu steigen. Doch dann kann der Tag beginnen und man wird von frühlingshaftem Wintersonnenschein begrüsst. Das Wetter ist grandios diese Tage! Es weht ein kühler, trockener Wind, es ist wunderbar klar und die Sonne ist mittags noch so warm, dass man gut ohne Jacke dasitzen kann. Und wie schön das warme, weiche Licht ist! Nachmittags, wenn die Sonne schräg auf die Stadt scheint und alles in einen goldenen Glanz hüllt, erinnern der Palmboulevard und das Bibliotheksgebäude des Unicampus jeweils an Kulissen aus diesen stimmungsvollen Filmen, die durch einen Gold- oder Gelbfilter aufgenommenen werden. Der Unicampus wird dann für ein paar Stunden zu einer dieser Traumlandschaften, alles wird zu Szenen, zu Bildern, ein Zusammenwirken von Landschaft und Menschen, Bilder, die sich Sekunde für Sekunde verändern.



An solchen Tagen freue ich mich besonders über meinen Aufenthalt hier. Wer glaubt, ich hätte hier so lange nichts mehr geschrieben, weil es nichts Neues mehr zu erzählen gebe, der kann sich beruhigt fühlen: Nein, das Gegenteil ist der Fall. Je länger ich hier bin, desto mehr entdecke ich, desto mehr erlebe ich, desto mehr Leute lerne ich kennen. Das ist überhaupt etwas vom Interessantesten, all die Leute, die man hier kennen lernt, mit denen man hier in Kontakt kommt: Seien es Studenten aus ganz Taiwan, sei es die Zimmernachbarin aus San Francisco, der südamerikanische Student aus Paris oder der Masterstudent aus Indonesien; seien es die angesagtesten zeitgenössischen, chinesischsprachigen Dichter, denen man die Hand schüttelt, der renommierte Professor aus Bonn, von dem man eingeladen wird, oder der über 80-jährige schwedische Sinologe. Oder seien es unzählige Leute, die man ganz zufällig trifft, entweder, weil man etwas kauft bei ihnen, oder weil man auf der Strasse angesprochen wird, und mit denen man sich dann lange unterhält. Jeder auch noch so unbedeutende Kontakt ist interessant für sich, denn jedes Mal hört und lernt man etwas Neues, etwas, das man wieder vergisst oder unberührt mit sich trägt, oder aber etwas, das man weiterverfolgt und das einen so wieder zu neuen Kontakten, zu weiteren Erlebnissen und Erkenntnissen führt.





Sonntag, 19. Oktober 2008

Hier gehts zu meinem neuen Blog in Chinesisch!

http://taste-of-taipei.blogspot.com

Viel Vergnügen!

Geburtstag auf taiwanesisch


Christine machts vor: Das Geburtstagsessen findet im Restaurant "筷子" statt, im Restaurant "Ess-Stäbchen", welches sich gerae noch auf dem Taida-Campus befindet.



Am Anfang: ganz höflich und seriös. Wir sind ein wunderbar bunt zusammengeworfenes Grüppchen vorbildlicher Taida-Studenten und Studentinnen.



Ich werde verwöhnt... und dann...



Er sei der König, verkündet der Niederländer, der mir am anderen Ende des Tisches gegenübersitzt. Schon wollen einige protestieren, was er sich denn einbilde, das sei doch nicht sein Geburtstag, das sei geschmacklos. Er jedoch lässt sich nicht aus der Fassung bringen und meint nach einer Kunstpause mit charmantem Lächeln, ich (deutet königlich in meine Richtung) sei natürlich die Königin! Und meine weiblichen Erstsemester aus dem Chinesischen Institut schreien leise auf vor heller Entzückung. Das hatte er halt gar reizvoll gesagt... ;-)



Schon gehen wir zum Nachtisch über...



und sind längst alle total übermütig! Der arme Ed... anderseits...Schokoladekuchen!





Ich sags doch, übermütig... Und wenn ihr wissen wollt, warum ich so ein Gesicht mache... gerade will ich mich für die nächsten paar Fotos hübsch in Pose werfen, da packen mich die zwei Jungs, mein Oberteil rutscht seeeeehr weit hoch, und anstatt mir zu Hilfe zu kommen, jaaa natürlich, stehen sie alle da und drücken schnell ab. Die Bilder habe ich euch vorenthalten. Das hier ist die "Foto danach", ich muss mich erst erholen :-)



Huch, gerade eben ist dein Schal verrutscht! Wir helfen dir... Zum Glück kümmert man sich so rührend um Frau Königin ;-)



Jetzt stimmts wieder, was für ein Glück!! (Bitte meine zerzauste Frisur ignorieren ;-) )



Links die Angie ist nach dem Jogging dazugestossen. Rechts meine Christine, die Tänzerin.



Und das ist mein Language-Exchange. Er war letztes Semester als Austauschstudent in Tübingen.



Nach diesem letzten Foto haben wir uns kurz ins taipeier Shoppingleben gestürzt, danach haben wir uns mit unseren Getränken (alles war vertreten, vom importierten Rotwein bis zur Sojamilch) auf einen meiner Lieblingsplätze auf dem Campus gesetzt: Auf die Stufen der Hauptbibliothek in der Mitte des Campus'. Mit dem Gebäude im Rücken, Blick auf den grosszügigen Palm-Boulevard und über uns ein in dieser Nacht aussergewöhnlich klarer Sternenhimmel, haben wir dort die wunderbar laue Oktobernacht genossen.

Es war ein wunderschöner Geburtstag, noch einmal ein riesengrosses Dankeschön an alle, die mit mir gefeiert haben!!
Vielen Dank auch all denen, die mir in den letzten Tagen per E-mail oder telefonisch gratuliert haben; Dank an alle, die an mich gedacht haben und denken.